Und die voll besetzte Stadthalle kam auf ihre Kosten. Die zehn Tänzerinnen und Tänzer sowie die sechs Musiker zeigten auf der Bühne, warum das Leben in Irland grün-goldene Seiten hat. So lebenssprühend und authentisch kamen die Musiker und Tänzer rüber, dass schon nach dem zweiten Stück das Publikum mehr als bereitwillig mitklatschte, jubelte und ausdauernd applaudierte.
Die „Danceperados“ hatten nicht nur die Gesänge und Tänze von der Grünen Insel mit nach Osterholz-Scharmbeck gebracht, sondern auch die Geschichte ihres Nationalgetränks, des Whiskey. Der Alkohol diente den Iren als eine Art Puffer gegen die Perspektivlosigkeit ihres Lebens unter den englischen Kolonialherren, den Hunger und die Unterdrückung. Was nach liebevoller Handarbeit dann aus den Fässern lief, wurde noch brutal besteuert, denn den Kolonialherren war klar, dass sich Menschen, die alkoholabhängig sind, leichter regieren lassen.
„Lebensgefühl Whiskey“
Die Bonmots, die geistreichen Scherzworte, die zu Beginn der Veranstaltung auf der Leinwand erschienen, zeigten, wie tief das „Lebensgefühl Whiskey“ in der irischen Kultur verankert ist. „Arbeit ist der Fluch der trinkenden Klasse“, sagte zum Bespiel der berühmte irische Autor Oscar Wilde, und George Bernard Shaw bescheinigte dem Whiskey, „flüssiger Sonnenschein“ zu sein. Ob und wie viel hingegen die Tänzerinnen und Tänzer an diesem Abend dem Whiskey zugesprochen hatten, ließ sich bei ihrer Performance nicht erkennen. Im Gegenteil: Leicht wie die Elfen in den irischen Hochmooren schwebten sie über die Bühne, oder ließen den Boden im Stakkato der Steppschritte erbeben. Die sechs jungen Damen und vier jungen Herren im Alter zwischen 18 und 30 Jahren haben den Namen ihrer Compagnie zum Programm gemacht, denn „Danceperados“ bedeutet sinngemäß „die Tanzwütigen“. Wie wahr dieser Name ist, zeigte sich in der Produktion, in der alle gespielten und getanzten Stücke live vorgestellt werden – im Gegensatz zu manch anderer Tanzshow, bei der die Tänzer gezwungen sind, sich zu Playbackmusik zu bewegen. „Das verhindert die Spontanität und die Lebensfreude, die durch die irische Musik ausgedrückt werden“, betonte Produzent Petr Pandula. „Da gibt es für Improvisationen und überraschende Effekte keinen Platz. Das ist bei uns anders, und so vermeiden wir auch, dass das Tanzen zu einem reinen Job verkommt, durch den die Tänzer ihr Geld verdienen“, erläuterte Pandula. Manche Nummer sei erst auf der Tour entstanden, im lebendigen Interagieren mit dem Publikum. Und auch in Osterholz-Scharmbeck erfreute sich das Publikum an den schnellen, präzischen Schritten, auch mal den mitreißenden Armbewegungen der Gruppe – denn im Gegensatz zu der strengen Oberkörper-Disziplin bei Michael Flatley lässt Choreograf Michael Donnellan durchaus unterstützende Hand- und Körperbewegungen zu.
Der „Irish Dance“ blickt auf eine lange Geschichte zurück, erste Erwähnung findet er bereits im 16. Jahrhundert, im 18. Jahrhundert werden die ersten „Dance Master“ erwähnt. Für diese Meistertänzer und -tänzerinnen wurden die Türen ausgehängt und den Tänzern dann als Tanzboden zu Füßen gelegt, weil auf den Türen das trommelnde Geräusch des Steppens besonders gut zu hören war. Die Bühnenbretter in Osterholz-Scharmbeck taten diesbezüglich aber auch ihren Dienst. Das Klackern der Tänzer der „Danceperados“, die zusammen mehr als 50 World Dancing-, oder All Ireland Champion-Titel mit auf die Bühnen dieser Welt bringen, drang mühelos bis zum letzten Platz.