Osterholz-Scharmbeck. In den USA gilt Bruce Springsteen für Millionen von Fans quasi als Semi-Heiliger, zumindest aber als unbestrittener „Boss“. Diese ikonische Verehrung ist auf dem alten Kontinent zwar etwas weniger ausgeprägt, der hemdsärmelige Stadion-Rock mit ausgewiesener Arbeiterklassen-Mentalität findet jedoch auch hier zahlreiche dankbare Zuhörer.
Mehr als 500 dieser Fans fanden am Sonnabend den Weg in die Stadthalle und dürften ihr Kommen keineswegs bereut haben. Fast hätte man anhand der Klänge, die aus dem Halleninneren tönten, vermuten können, dass sich tatsächlich der „Boss“ und seine legendäre E-Street-Band zu einer spontanen Tournee durch kleine Hallen und Clubs fernab der Heimat entschlossen hatten, wie es dereinst bereits bei den Deutschrockern Die Ärzte in der Osterholzer Stadthalle der Fall war. Erst der Blick auf die Bühne verdeutlichte, dass dort tatsächlich „nur“ eine Tributband ihr Handwerk verrichtete – aber was für eine!
„What time is it?“ („Wie spät ist es?“) fragte ein am Keyboard befestigtes Leuchtschild, natürlich in Anspielung auf den Bandnamen Bosstime. Am Sonnabend gab es jedoch noch eine weitere Antwortmöglichkeit auf diese Frage. Springsteen, neben John Bon Jovi wohl der berühmteste Sohn New Jerseys, feierte seinen 68 Geburtstag. Freilich dürfte er wenig von der Geburtstagsparty zu seinen Ehren mitbekommen haben, in deren Rahmen die Tributband aus dem Großraum Köln mehr als 30 seiner größten Erfolge mit einer musikalischen Klasse interpretierte, die Springsteen und Band absolut gerecht wurden.
Die mehr als 500 Springsteen-Fans in der Stadthalle erfreuten sich dafür umso mehr, eben jene Hymnen in einer dem Original in musikalischer Hinsicht in nichts nachstehenden Qualität serviert zu bekommen und das zu einem Bruchteil des Eintrittspreises, den man heutzutage für ein Springsteen-Konzert bezahlen müsste. Frontmann Thomas Heinen, der neben seinem Bühnenjob als Springsteen-Tributant auch in der „Heuserband“ des vormaligen BAP-Gitarristen Klaus Heuser aktiv ist, könnte mit geschlossenen Augen tatsächlich als Springsteens stimmlicher Zwillingsbruder durchgehen. Gerne überließ Heinen den Hauptgesang stellenweise jedoch auch immer wieder seinen Zuhörern, die sich bei Welthits der Marke „Hungry Heart“ und „I‘m on Fire“ ebenso stimmstark und textsicher erwiesen, wie bei vergleichsweise selten gehörten Titeln wie dem Springsteen-Frühwerk „Thunder Road“ oder „The River“.
Für die Stadthalle Osterholz-Scharmbeck stellte das Bosstime-Konzert zudem die erste Kooperation mit Ralf Diekmann, Mitveranstalter des Worpsweder „Rock im Torf“-Festivals, dar. „Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass Leute mit verschiedenen Veranstaltungsideen an uns herantreten und wir diese in Kooperation gemeinsam umsetzen“, erklärte Stadthallen-Geschäftsführer Matthias Renken und fügte angesichts der hochqualitativ aufspielenden Band und den entsprechenden Resonanzen des Publikums hinzu: „Dieser Abend wird mit Sicherheit nicht unsere einzige Zusammenarbeit darstellen.“
„Es ist nicht ungewöhnlich, dass Leute mit Veranstaltungsideen an uns herantreten.“
Matthias Renken, Stadthallen-Chef